Traditionell laden auf der BrauBeviale der Verband Deutscher Hopfenpflanzer e.V., der Deutsche Hopfenwirtschaftsverband e.V., der Bayerische Brauerbund e.V. sowie die Privaten Brauereien Bayern e.V. zu einer gemeinsamen Pressekonferenz ein. Hier das Statement von Pascal Piroué vom Deutschen Hopfenwirtschaftsverband e.V. Ich veröffentliche es sowohl schriftlich als auch als Podcast zum Anhören. Hier also das Statement:
Die Ausgangslage vor der Ernte 2023
Ausgehend von einer außergewöhnlich schwachen Welternte 2022, die mit einer Menge von rd. 107.500 Tonnen Hopfen dennoch einen Überschuss an Alphasäure produzierte, zeigte sich der Weltmarkt im Braujahr 2023, wie auch in den Vorjahren, in einigen Sorten sehr gut bis überversorgt.
Trotz der schlechten europäischen Ernte konnten nicht alle Mengen verkauft werden. Zudem verliefen die Auslieferungen von kontrahierten Hopfenprodukten der Vermarkter an die Brauer über das gesamte Jahr überraschend schleppend. Zur Ernte 2023 befinden sich noch deutliche Mengen an nicht abgerufenen Hopfenprodukten aktueller und früherer Ernten in den Lägern der Vermarkter. Zudem bestehen Anfragen aus der Brauwirtschaft im größeren Umfang bereits vorkontrahierte Mengen zu stornieren.
Die Ursache liegt in dem seit Frühjahr 2023 ernüchternden Entwicklung des globalen Bierausstoßes. Gemäß den aktuellen Zahlen und Schätzungen für das Braujahr 2023 sind die Ausstoßzahlen vor allem in Nordamerika, Europa und Asien insgesamt wieder rückläufig. Die erhoffte nachhaltige Erholung nach Beendigung der coronabedingten Einschränkungen ist in vielen Ländern durch ein verändertes Verbraucherverhalten aufgrund von restriktiver Alkoholpolitik, Inflationsängsten, politischen Krisen und der allgemeinen wirtschaftliche Entwicklung schwächer verlaufen als angenommen. Auch das Craft-Bier-Segment verliert in nahezu allen Regionen spürbare Absatzmengen, mit der Folge, dass der Hopfenbedarf sinkt.
Die Ernte 2023 und die voraussichtliche Versorgungslage 2024
Die Wachstumsbedingungen in Mitteleuropa waren nach der bereits sehr schwachen Ernte 2022 auch im Sommer 2023 wiederholt von zahlreichen Hitzetagen und von ausbleibenden Niederschlägen über längere Zeiträume gekennzeichnet. Dies ist die Folge einer seit über 10 Jahren zu beobachtenden Klimaveränderung in Mitteleuropa, welche nach aktuellen Prognosemodellen die Witterungsbedingungen in dieser Region auch in der Zukunft prägen wird.
Diese Trockenphasen in der Anbauphase 2023 betrafen besonders die Anbauregionen Hallertau, Spalt und Tettnang sowie Tschechien und Frankreich. Hier fielen in der Folge vor allem die Alphasäurewerte deutlich unterdurchschnittlich aus. In den Anbaugebieten Elbe-Saale, Slowenien und Polen kam es hingegen in den für den Pflanzenstand wichtigen Monaten Juni und Juli zu ausreichenden, in Slowenien sogar zu weit überdurchschnittlichen Niederschlägen, so dass hier die Ernteergebnisse durchschnittlich bis gut waren. In Spanien führte ein massiver Mehltaubefall zur Ernte aufgrund fehlender Pflanzenschutzmittel zu größeren Einbußen.
Für Gesamteuropa ergibt sich nach ersten Einschätzungen eine Erntemenge von rund 57.300 Tonnen gegenüber 48.900 Tonnen im Jahre 2022 (+17 %) – dieses Ergebnis ist zwar besser als im Vorjahr, liegt jedoch immer noch rd. 4% unter dem langjährigen Durchschnitt. Deutlich größer war die Auswirkung der Witterung auf die Alphasäurewerte, die bei den meisten Sorten äußerst schwach ausfielen.
In den USA war die Ernte durchschnittlich bis gut und übertraf trotz einer Flächenreduzierung um über 2.100 Hektar bzw. – 8,5% das Vorjahresergebnis. Mit insgesamt 47.080 Tonnen erntete man in der Pacific-North West Region rd. 1.100 Tonnen mehr als im Vorjahr, was vor allem auf den verstärkten Anbau von ertragreicheren Hochalphasorten zurückzuführen ist.
Die weltweite Ernte beträgt nach ersten Hochrechnungen 117.000 Tonnen, bzw. 9.930 mt Alphasäure. Dies ist zwar eine Steigerung der Mengenerträge von rund 9 % im Vergleich zum Vorjahr aber nur +2,2% bei der Alphasäureproduktion.
Damit wurde auch in der Ernte 2023 und damit zum 8. Mal in Folge Alphasäure über dem Bedarf produziert. Die hohen Bestände aus früheren Ernten belasten den Markt zunehmend und es zeigt sich, dass viele Brauereien vertragsmäßig überkontrahiert sind. In der Folge entkoppelt sich bereits seit einigen Jahren das erntebezogene Marktgeschehen von der eigentlichen Versorgungslage.
Ausblick 2024
Für das Braujahr 2024 gehen aktuelle Schätzungen von einem, aus den genannten Gründen, weiterhin schwachen Biermarkt aus. In der Folge haben die Notierungen für Spothopfen in der Ernte 2023 mit deutlich fallenden Preisen bereits erheblich reagiert. Es ist zudem zu erwarten, dass Russland, als wichtiger Abnehmer europäischen Hopfens, den Hopfenanbau steigert und zunehmend zum Selbstversorger wird.
Um den Markt wieder in die Balance zu bekommen, müsste die Fläche in allen Hauptanbaugebieten spürbar reduziert werden, um sich der geringeren Bedarfslage anzupassen. Ein besonderes Augenmerk muss auch auf einige Aromasorten gerichtet werden, deren Bedarf global überproportional rückläufig ist.
Diese unerwartet deutlich veränderte Bedarfslage stellt die gesamte Hopfenwirtschaft vor noch größere Herausforderungen. Dies beginnt bei den anhaltend hohen Kosten in der landwirtschaftlichen Erzeugung sowie der Kostenbelastung der Verarbeiter und Vermarkter durch anhaltend verteuerte Energie, Personal und Zinsen. Es ist offensichtlich, dass die gesamte Wertschöpfungskette massiv unter Druck steht.
Die Hopfenpflanzer in Deutschland haben aktuell zumeist noch einen hohen Anteil an Vorverträgen bis ins Jahr 2025. Wesentlich für die Erhaltung der Erzeugung über diesen Zeitraum hinaus sind nachhaltige, kostendeckende Anschlussverträge seitens der Brauindustrie, um den Hopfenpflanzern auch in der kommenden Dekade Sicherheit bei der Planung zu geben. Ein Ausbleiben von Anschlussverträgen könnte dazu führen, dass die Anbaufläche stark reagiert, da zahlreiche Hopfenpflanzer der Anbau aufgeben.
In diesem Kontext sei erwähnt, dass für die Erreichung wichtiger Nachhaltigkeitsziele und der Sicherstellung der Versorgung die Hopfenwirtschaft seit Jahren an die Brauindustrie appelliert, bereits zur Verfügung stehende hitzestress- und krankheitsresistente Zuchtsorten mit Priorität in ihre Rezepturen einzubringen. Diese liefern selbst bei einem sich sichtbar verändernden Klima stabile Erträge und Qualitäten und sind geeignet, durch ihre hohe Leistungsfähigkeit Kosten zu sparen.