Bereits im Februar 2025 fand die Pressekonferenz des Bayerischen Brauerbundes e.V. statt. Leider ist diese Veranstaltung an mir vorbeigegangen, weshalb ich diesen Beitrag erst jetzt veröffentlichen kann. Es handelt sich um das Statement von Dr. Michael Möller, Vizepräsident des Bayerischen Brauerbundes.
Zum Beginn eines neuen Jahres fühlt der Bayerische Brauerbund traditionell der heimischen Brauwirtschaft den Puls. Wir schauen, wie es den Brauern im Freistaat geht und stellen einen Vergleich zur Lage in Deutschland insgesamt an.
Auf den ersten Blick geben die Zahlen für das hinter uns liegende Kalenderjahr, die das Statistische Bundesamt erst vor wenigen Tagen vorgelegt hat, es durchaus her, „die Backen aufzublasen“.
Zwar ist die Entwicklung in Deutschland insgesamt weiterhin unbefriedigend, der Bierabsatz der deutschen Brauereien rückläufig, aber Bayern hebt sich wohltuend ab, unser Bierabsatz ist gewachsen. Wir sind, was Bayern gerne ist, besser als der Rest der Republik. Man darf der bayerischen Brauwirtschaft in einem schwierigen Umfeld also ein ordentliches Maß an Resilienz attestieren.
Nur weil der Absatz steigt, darf man jedoch die Augen vor den Problemen auch der bayerischen Brauwirtschaft nicht verschließen: Die allgemeine Konsumzurückhaltung im Inland macht ebenso wenig einen Bogen um Bayerisches Bier wie die ungebrochen hohe Kostenbelastung vor Bayerns Brauern haltmacht. Die Zeiten sind herausfordernd!
In einer frühen Analyse der Lage – noch vor Vorliegen der abschließenden Zahlen für das Jahr 2024 – hat der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes zum Jahreswechsel auf „nasses und unbeständiges Wetter“ verwiesen, auf erhoffte, aber letztlich ausgebliebene Impulse durch die Fußball EM im eigenen Land und betont, die Brauwirtschaft sei „leider noch immer weit vom Vor-Corona-Niveau entfernt“.
Das klingt so, als hätten wir dieses Niveau immer noch als Zielgröße im Blick. Bitte seien wir realistisch: Der Abstand ist zwischenzeitlich unerreichbar groß geworden!
Und es wäre auch erheblich zu kurz gesprungen, die Absatzentwicklung im deutschen Biermarkt des Jahres 2024 als eine Art „Ausrutscher“ darzustellen, der dem Wetter und dem frühen Ausscheiden der Fußballnationalmannschaft bei der Heim-EM geschuldet ist.
Der deutsche Biermarkt befindet sich in einem fundamentalen Umbruch – nicht erst seit gestern übrigens. Seine Probleme sind struktureller Art. Die Gesellschaft um uns herum erlebt einen rasanten Wandel, der auch uns trifft und mit dem auch wir umzugehen lernen müssen.
Bier ist in der Gesellschaft grundsätzlich unverändert positiv besetzt. Es steht für Begegnung, Genuss, Sinnlichkeit, Charakter, Vielfalt, Reinheit, Handwerk und Tradition. Aber die Rolle unseres Bieres in einer Gesellschaft, die auf Selbstoptimierung, auf Flexibilität und Erlebnis setzt, ist eine gänzlich andere als vor 25 Jahren.
Hierauf müssen wir mit unserem Angebot reagieren. Aber eine Anpassung der Brauwirtschaft selbst an ihr im Wandel begriffenes Umfeld allein wird nicht ausreichen. Wir erwarten auch von der Politik Rahmenbedingungen, die unseren Betrieben – immerhin in Bayern unverändert über 600 – die insbesondere dem brauwirtschaftlichen Mittelstand, der das Braugewerbe gerade in Bayern weiterhin prägt, ein wirtschaftliches Überleben sichern – Voraussetzung dafür, dass diese Unternehmen auch zukünftig ihrer „genusskulturellen“ Rolle in und für Bayern entsprechen können.
Der Gesamtbierabsatz: Deutschland schrumpft, Bayern wächst
Der bayerische Gesamtbierabsatz hat 2024 entgegen dem Bundestrend zulegen können. Er erreichte 23,76 Mio. hl – ohne alkoholfreies Bier. Dies entspricht einem Wachstum um 1,6 % oder knapp 370.000 hl.
Der Gesamtbierabsatz der deutschen Brauereien ist in 2024 hingegen insgesamt um 1,2 Mio. hl oder 1,4 % auf 82,57 Mio. hl zurückgegangen.
Nicht enthalten ist in diesen Zahlen alkoholfreies Bier. Rechnet man es hinzu, erreicht Bayern sogar einen Gesamtbierabsatz von rund 26 Mio. hl. Nach den von der Corona-Pandemie geprägten Jahren 2020 – 2022 und einem schwierigen Jahr 2023 blickt Bayerns Brauwirtschaft auf ein Jahr 2024 zurück, das von Herausforderungen geprägt war, das sie aber erfolgreich gemeistert hat.
Ihr kommt dabei zugute, dass die bayerische Brauwirtschaft und das Bayerische Bier für eine authentisch gelebte Tradition steht, für positiv besetzte Werte, aber auch für Braukompetenz: Eine Mischung, die letztlich dafür verantwortlich ist, dass die bayerische Brauwirtschaft sich vom negativen Bundestrend etwas hat abkoppeln können.
Gerade aus der bayerischen Perspektive ist die statistische Gesamtabsatzentwicklung aber allein nicht aussagekräftig. Um die Lage der bayerischen Brauwirtschaft besser einordnen zu können, gilt es, drei unterschiedliche Dimensionen zu beleuchten: Zunächst den Absatz im Inland, den volumenmäßig natürlich mit Abstand größten Block, dann den Bierexport und schließlich die Entwicklung alkoholfreier Biere, die aufgrund ihrer Biersteuerfreiheit unter dem Radar der amtlichen Statistik fliegen, die sich nur für das steuerpflichtige, also alkoholhaltige Bier interessiert.
Der inländische Biermarkt – Bayern gewinnt Marktanteile
Der größte Teil des in Bayern produzierten Bieres wird im eigenen Land getrunken, erfasst im „steuerpflichtigen Bierabsatz“. Auch der konnte entgegen dem Bundestrend den Angaben des statistischen Bundesamtes zufolge um 1,3 % oder 235.000 hl zulegen.
Nach einem starken Rückgang des Inlandsbierabsatzes in den 1990er- und 2000er-Jahren hat dieser sich seither damit stabilisiert.
Hauptgrund für den in Deutschland rückläufigen Inlandsmarkt ist ein anhaltend sinkender Bier-Pro-Kopf-Konsum in Deutschland, der in 2023 (jüngste verfügbare Daten) noch bei gerade einmal 88 Litern lag.
Diese Konsumzurückhaltung macht der Branche zu schaffen, zumal sich eine absehbare Besserung der Lage nicht abzeichnet: Der Pro-Kopf-Konsum wird weiter sinken, weil die Generation der regelmäßigen Bierkonsumenten am oberen Ende der Alterspyramide allmählich ausstirbt und die nachrückende Konsumentengenera on sich in Enthaltung übt.
Ein kleiner Trost: Wenn der Inlandsabsatz der deutschen Brauwirtschaft sinkt, der der bayerischen indes steigt, so deutet das darauf hin, dass die bayerischen Brauereien innerhalb des deutschen Biermarktes Boden haben gutmachen können, dass sie Marktanteile zu gewinnen vermochten.
Größe allein, hier gemessen am Bierabsatz, ist aber kein gesichertes Indiz für wirtschaftliche Stärke, Ausstoßwachstum kein Garant für ökonomischen Erfolg. Wie für jedes andere Unternehmen ist auch für eine Brauerei entscheidend, was „hinten rauskommt“, wie sich also die Erlöse im Verhältnis zu den Kosten entwickelt haben.
Und hier liegt das eigentliche Problem der bayerischen Brauwirtschaft. Der Kostendruck ist unverändert hoch:
Bierbrauen ist energieintensiv. Unter den hohen Kosten für Strom und Brennstoffe leidet auch unsere Branche. Die Personalkosten sind in den zurückliegenden Jahren stark gestiegen, was insbesondere den brauwirtschaftlichen Mittelstand trifft, der eine im Vergleich zu großen Brauereien erheblich höhere Personalkostenquote an seinen Gesamtkosten aufweist.
Hinzu kommen höhere Transportkosten, höhere Kosten für Gebinde, für die Produktausstattung – die Reihe ließe sich fortsetzen.
Das wäre verkraftbar, würden die Erlöse mit den Kosten schritthalten. Tun sie aber nicht. Die Erlösentwicklung fällt schon seit Jahrzehnten hinter der Kostenentwicklung zurück.
Manche vermeintliche außerbayerische Renommiermarke steht heute zum (umgerechnet) selben Preis im Regal des Einzelhandels, für den sie schon vor 25 Jahren angeboten wurde. Als Lockvogel wird Bier Woche für Woche verramscht – Ausdruck eines scharf geführten Verdrängungswettbewerbs im Biermarkt. Leidtragende sind die mittelständischen Brauereien, die in diesem Preiskampf nicht mithalten können.
Weiterhin erfolgreich: Exportschlager Bayerisches Bier
Eine Möglichkeit für bayerische Brauereien, sich dem erheblichen Druck des schwierigen Inlandsmarktes zu entziehen, ist der Bierexport.
Knapp ein Viertel des in Bayern produzierten Bieres wurde 2024 exportiert – insgesamt 5,86 Mio. hl, so viel wie nie! Vier von zehn aus Deutschland exportierte Biere stammen aus bayerischen Sudkesseln.
Der anhaltende Erfolg des Bierexportes aus Bayern ist also maßgeblich dafür, dass der bayerische Gesamtbierabsatz sich seit der Wiedervereinigung auf relativ stabilem Niveau bewegt.
Wir profitieren vom ausgezeichneten Ruf bayerischen Bieres weltweit, vom unseren Produkten zugestandenen höchsten Qualitätsstandard. Das Reinheitsgebot mag dem einen oder anderen als „alter Zopf“ erscheinen, im Biermarkt steht es für höchste handwerkliche Braukunst unter ausschließlicher Verwendung natürlicher Zutaten und ist für uns im Weltmarkt ein Wettbewerbsvorteil, weil es dem Zeitgeist entspricht.
Als Teil des kulinarischen Erbes Europas, für jedermann leicht erkennbar am EU-Signet „geschützte geografische Angabe“, genießen unsere Biere bevorzugte Behandlung in Handelsabkommen der EU mit Drittstaaten und sind wir Teil einer großen Spezialitätenfamilie, der längst auch herausragende Erzeugnisse außereuropäischen Ursprungs angehören. Das hilft uns!
Wir werden der Hervorhebung dieses besonderen Status noch größere Aufmerksamkeit schenken und sind dankbar für die Unterstützung, die wir hierbei durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung Landwirtschaft, Forsten und Tourismus erfahren.
Wir profitieren hier von der Überführung der Verantwortung für das Tourismusresort vom Wirtschafts- auf das Landwirtschaftsministerium.
Der Bayerische Brauerbund ist, was wenige wissen, einer der größten Gesellschafter der Bayern-Tourismus Marketing GmbH.
Mit unserem Engagement verbinden wir natürlich zunächst das Ziel, die touristische Destination Bayern auch als Land der Bierkultur und der Brauereien zu präsentieren.
Wer aber in Bayern Urlaub gemacht hat und sich dieses Urlaubsgefühl daheim „zurückholen“ möchte, den möchten wir natürlich inspirieren, dies auch bei einem guten Glas Bayerisches Bier zu tun und so dem Export wiederum Impulse zu verleihen.
Auch der Export ist aber kein Selbstläufer: Wir leiden unter dem teilweisen Wegfall des russischen Marktes. Auch den chinesischen Markt zu bedienen, wird schwieriger. Sorge machen uns zudem die neoprotektionistischen Ansätze der Trump-Regierung in den USA – ein weiterer für den Bierexport bedeutender Zielmarkt für Bayerns Brauer.
Neue Produkte für neue Zielgruppen
Neben dem Ziel, den Spezialitätencharakter des Bayerischen Bieres im In- wie im Ausland stärker herauszustellen und Begehrlichkeit zu wecken, müssen wir uns aber auch einer sich verändernden Konsumgesellschaft durch das Angebot gerade solcher Produkte stellen, die dem derzeitigen Zeitgeist entsprechen.
Das Segment alkoholfreier Biere hat sich aus der ursprünglichen Nische längst zu einem selbstbewussten Teil unseres Bierangebotes gemausert. Auch kleinere Brauereien bieten unterdessen eigene alkoholfreie Biere an. Insgesamt wurden in Bayern 2024 2,25 Mio. hl alkoholfreies Bier produziert, immerhin mittlerweile 8,7 % des bayerischen Gesamtbierabsatzes.
Diese Produkte entsprechen damit einem Zeitgeist, der zu alkoholhaltigen Getränken zusehends auf Distanz geht.
Diese Distanz ist zum Teil politisch gewollt und medial getrieben – durch Kampagnen, die die Betrachtung des Alkoholkonsums auf zwei extreme Pole reduzieren: Auf Abstinenz auf der einen Seite als geradezu sakrosankter Idealzustand und auf den exzessiven Suff.
Ausgeblendet wird in dieser Diskussion jedoch das bewusste und vorteilhafte Genusserleben, das Bier als tradiertes, gesellschaftlich tief verwurzeltes Kulturgetränk seit Jahrhunderten auszeichnet. Bier ist und bleibt ein sozialer Kitt unserer Gesellschaft, ein Symbol für Begegnung, Austausch und Zusammenhalt – mit, aber verstärkt eben auch ohne Alkohol.
Das eine ist aber eben nicht per se besser oder schlechter als das andere. Beide sprechen bestimmte Zielgruppen, bestimmte Konsumanlässe an, haben und behalten ihre Berechtigung. Die weitaus meisten Konsumenten gehen auch mit alkoholhaltigen Bieren gegenüber der eigenen Gesundheit und Dritten verantwortungsvoll um.
Für einen zwischenzeitlich weit verbreiteten Alarmismus, der schon den Konsum geringer Alkoholmengen grundsätzlich zur Gefahr für Leib und Leben aufbauscht, gibt es keinen, schon gar keinen wissenschaftlich fundiert belegten Anlass.
Mit der zunehmenden Vielfalt qualitativ hochwertiger alkoholfreier Biere gelingt es der bayerischen Brauwirtschaft, neue Kundenkreise auch dort zu erschließen, wo Menschen dem Alkoholgenuss distanziert gegenüberstehen. Auch alkoholfreies Bier steht heute für bierauthentischen Geschmack und Qualität; es macht Bier auch dort wieder alltagstauglich und attraktiv, wo in einem gewandelten gesellschaftlichen Rahmen Alkohol eben nicht (mehr) angesagt ist. So verbindet es traditionelles Brauhandwerk mit modernen Konsumansprüchen und genießt breite gesellschaftliche Akzeptanz und Wertschätzung.
Die Struktur der bayerische Brauwirtschaft
Der Wandel im Biermarkt, insbesondere dessen schrumpfendes Volumen kann nicht spurlos an der Struktur unserer Branche vorübergehen. Sie ist im Wandel.
Die Zahl der Braustätten nimmt in Deutschland wie in Bayern langsam wieder ab, nachdem sie im Rahmen des Craftbeer-Booms ein paar Jahre lang angestiegen war.
Mit jeder Brauerei, die schließt, geht ein Stück Bierkultur, verliert Bayern ein Stück Heimat. Rund 1.600 Braustätten gab es in Bayern nach dem Krieg. Gute 600 sind es heute.
Viele kleine Brauereien gibt es unterdessen auch in anderen Ländern. Heute haben England und Frankreich mehr Braustätten als Deutschland, selbst Länder wie Italien oder die Schweiz weisen eine höhere Zahl von Braustätten auf als Bayern.
Aber die Struktur ist eine gänzlich andere!
Der Mittelstand macht die bayerische Brauwirtschaft so besonders
Während es sich in den ausländischen Biermärkten in der Regel um zwar sehr viele, auch gewerblich tätige, aber sehr kleine in den letzten rund zwei Jahrzehnten gegründete „Craft-Breweries“ handelt, die zahlenmäßig (!) den Biermarkt dominieren, ist es in Bayern immer noch der traditionsreiche brauwirtschaftliche Mittelstand, der unseren Biermarkt prägt – weitaus stärker übrigens als im Rest der Republik.
Wir wünschen uns, dass diese Einzigartigkeit des Bierlandes Bayern möglichst erhalten bleibt!
Wir sind unseren Kunden sehr dankbar, dass sie durch ihren Bierkauf jenseits der Dauerniedrigpreis-Supersonderangebote, durch ihre Entscheidung für bayerische Bierspezialitäten Sinn für wahre Bierkultur beweisen und zum Erhalt der einzigartigen Vielfalt unserer Bier- und Brauereilandschaft beitragen. Sie haben erhebliche Anteil daran, dass wir allen dargestellten Schwierigkeiten zum Trotz als bayerische Brauwirtschaft recht ordentlich dastehen.
Wir brauchen aber auch ein Umfeld, das den Fortbestand unserer Betriebe nicht behindert, sondern fördert. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die unseren Brauereien die Freiheit der Vermarktung und der Bewerbung ihrer Produkte erhalten und unseren mittelständisch geprägten Brauereien eine nachhaltige Zukunft ermöglichen. Bayerische Brauereien sind nicht nur wirtschaftliche Motoren in ihrer jeweiligen Heimat als Arbeitgeber und Steuerzahler, sie sind auch kulturelle Ankerpunkte und Botschafter bayerischer Genusskultur.
Am 23. Februar wählt Deutschland einen neuen Bundestag.
Wie jeder Wirtscha szweig haben auch wir konkrete Erwartungen an die Politik.
- Wir erwarten eine Alkoholpolitik, die dem Missbrauch begegnet und nicht den Genuss bekämpft. Wir fordern eine differenzierte politische Debatte, die die kulturelle Bedeutung des Bieres als Genussmittel anerkennt und die zwischen verantwortungsvollem Konsum und gefährlichem Missbrauch unterscheidet. Wir bekennen uns zu verhaltenspräventiven Ansätzen der Missbrauchsbekämpfung, erteilen weitergehenden verhältnispräventiven Maßnahmen jedoch eine klare Absage.
- Wir brauchen bezahlbare Energie und Planungssicherheit. Die enormen Energiepreise belasten unsere Brauereien nachhaltig. Der vorgegebene energetische Transformationsprozess stellt unsere Betriebe vor enorme Herausforderungen. Alle energiepolitischen Maßnahmen müssen auf ihre Mittelstandverträglichkeit überprüft und erforderlichenfalls durch Förder- oder Entlastungsprogramme begleitet werden.
- Wir erwarten endlich wirksamen Bürokratieabbau. Die bayerischen Brauereien sind von einer Vielzahl administrativer Auflagen betroffen, die unnötig Zeit und Ressourcen binden. Konkret fordern wir eine Vereinfachung der Meldepflichten, digitale Prozesse statt papierbasierter Abläufe und eine klare Reduktion von überbordenden Dokumentationspflichten.
- Wir erwarten eine konsequente Förderung und den Schutz des bewährten Mehrwegsystems. Das deutsche Mehrwegsystem ist ein Vorbild für nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Es gilt, dieses System weiter zu fördern, den Marktanteil von Mehrwegverpackungen zu sichern und regulatorische Hindernisse abzubauen.
- Wir erwarten die Wiederherstellung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7 % in der Gastronomie. Die Gastronomie ist ein wesentlicher Absatzmarkt für bayerische Biere und zugleich ein bedeutender Teil unserer Kultur. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz muss wieder eingeführt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Gastronomie zu sichern und sie als wich gen Partner der Brauwirtschaft zu stärken.
- Wir fordern endlich wirksamen Schutz der Hersteller vor der Macht der Handelsriesen. Sie ringen ihren Lieferanten aufgrund der zwischenzeitlich erreichten Marktmacht immer neue preisliche Zugeständnisse ab oder fluten den Markt mit ihren billigen Handelsmarken. Als Nebeneffekt dieses über den Bierpreis ausgetragenen Wettbewerbs bleibt die Wertanmutung unseres Bieres auf der Strecke.
Gerade dem brauwirtschaftlichen Mittelstand bleibt keine Luft für nötige Investitionen. Es droht eine Verarmung des Bierlandes Bayern.
Zum Schluss …
Bayerns Brauereien haben es ungeachtet erfreulicher Absatzerfolge aktuell nicht leicht.
Sie müssen sich mit einem im Wandel befindlichen gesellschaftlichen Umfeld arrangieren, in dem der Genuss alkoholhaltiger Getränke im Allgemeinen und des Bieres im Besonderen nicht mehr den Stellenwert hat, der ihm früher zukam. Wir sind uns bewusst, dass sich hieran auf Sicht nichts ändern wird.
Bier generell, und ich beziehe dies ausdrücklich jetzt erst einmal auf das „normale“, alkoholhaltige, gebricht es nicht an grundsätzlicher Beliebtheit. Aber aufgrund geänderten Freizeitverhaltens, eines geänderten Arbeitsumfeldes, geschärften Gesundheitsbewusstseins und vieler anderer Motive sinkt die Zahl der Konsumanlässe, mit ihr der Pro-Kopf-Konsum und letztlich das Volumen des Inlandsmarktes.
Bier aus Bayern hat dennoch Potential! Es genießt eine starke Stellung in Bayern, hohe Wertschätzung auch in anderen Bundesländern und erfreut sich auch im Ausland größter Beliebtheit.
In Bayern müssen wir unseren Markt verteidigen. Jede Brauerei ist ein Stück Heimat, das es zu stärken gilt. Jenseits der bayerischen Landesgrenzen können wir mit unserem ausgezeichneten Ruf, der Vielfalt und Qualität unserer Bierspezialitäten punkten, aktuell besonders mit dem Hellen, immer noch stark mit Weißbier. Diesem Kompetenzvorsprung gepaart mit dem Verlangen der Verbraucher nach Abwechslung im Bierkeller verdanken wir das vergleichsweise gute Abschneiden der bayerischen Brauwirtschaft in den letzten Jahren. Hieran wollen wir anknüpfen.
Bayerns Brauer sind bei allem Traditionsbewusstsein jedoch auch innovatov und werden sich dem gewandelten Konsumverhalten durch das Angebot innovativer Getränke mit und (vor allem) ohne Alkohol stellen.
Aber die Politik muss sie auch lassen und darf sie nicht durch ideologisch motivierte falsche Weichenstellungen ohne Not behindern.
München, den 6. Februar 2025