Eine Spirale fürs Bier

Ein US-Startup will die Bierwelt revolutionieren. Dabei hilft die Infusion Spiral den Brauereien auf vielfältige Art und Weise: Hergestellt aus Holz in einem speziellen Schnittverfahren und auf Wunsch getoasted, bringt sie Barrel-Aromen, kann aber auch einfach nur für mehr Körper, gerade bei alkoholfreien Bieren, sorgen und dabei viel Platz, Energie, Zeit und Kosten sparen.

Angefangen hat alles 2008 mit einer zufälligen Begegnung in einem Flugzeug. Carlos Yañez, heute CEO der Spirals-Firma OIS & Associates LLC, kam auf dem Flug von Miami nach Bogotá mit seinem Sitznachbarn ins Gespräch. Schnell stellte sich heraus, dass der als Repräsentant einer Erfindergruppe fungierte, die vier Jahre zuvor die Infusion Spiral erdacht und auch patentiert hatte. Yañez, damals bereits viele Jahrzehnte lang in der Hotellerie und Gastronomie tätig, erkannte schnell das Potential, vereinbarte einen Termin in der Manufaktur im amerikanischen Minnesota und baute in den Folgejahren ein neues Business rund um die Infusion Spiral auf. 2014 begannen die ersten sehr erfolgreichen Versuche in der Bierwelt, mit der Brauerei Kunstmann in Valdivia (Chile) und der Bavaria Brewery (damals SABMiller) in Bogotá, Kolumbien. Nach der Pandemie plant die Firma nun die Expansion auf dem europäischen Markt.

Die Infusion Spiral

Bei der Infusion Spiral handelt es sich um eine Holzspirale, die aktuell in zwei Größen lieferbar ist. Die normale Variante hat ca. 13 cm Länge, die große Version für Tanks ist 1,22 Meter lang. Der Durchmesser beträgt jeweils knapp 4 cm. Drumherum befindet sich ein Netz aus lebensmittelechtem Material, damit sie sich leicht einsetzen und herausnehmen lässt. Das Geheimnis dabei ist der transversale Schnitt, durch den sich einerseits die Oberfläche um ein Vielfaches erhöht und der andererseits der Flüssigkeit eine viel stärkere Wechselwirkung mit den Holzzellen erlaubt als der klassische Längs- oder Querschnitt. Die Idee beruht auf dem Wissen um die so genannten „Transversalfasern“ im Holz. Wenn diese Fasern freigelegt sind, kann die Flüssigkeit besser durch sie hindurchfließen, was wiederum eine bessere Extraktion ermöglicht. Fast 70% der gesamten Holzoberfläche der Infusion Spiral bietet diesen Vorteil des besonderen Schnittwinkels. Das Patent beschritt hierbei absolutes Neuland.

Anfangs wurde die Infusion Spiral vor allem in der Wein- und Spirituosenwelt eingesetzt, doch sie hat sich auch beim Bier als effektives und kontrollierbares Werkzeug erwiesen. Die Einsatzmöglichkeiten sind hierbei vielfältig. So kann man klassisch eine Spirale aus amerikanischer Weiß-Eiche verwenden, um Holzaromatik in ein Bier zu bringen. Hier gibt es dann die Möglichkeit, mit verschiedenen Toastings zu arbeiten oder diese auch zu kombinieren. Da hilft beispielsweise auch bei bereits mehrfach genutzten Holzfässern, deren aromatische Kraft bereits deutlich abgenommen hat. Die zusätzliche Verwendung der Infusion Spiral reduziert die Verweildauer des Bieres dabei deutlich und ersetzt die ausgelaugte Aromatik des Fasses.

Individuelle Holz-Kombinationen für eine neue Aromen-Welt

Eine weitere Kombinationsmöglichkeit bieten anderen Hölzer wie Kirsche, Zypresse oder das brasilianische Amburana mit seinen exotischen Aromen. Das geht dann schon deutlich über die üblichen Barrel Aging Methoden hinaus, weil ein Fass selten aus mehreren Holzarten besteht, bzw. aus manchen Holzarten schlicht und einfach gar kein Fass hergestellt werden kann. Die hohe Oberfläche und der transversale Schnitt beschleunigen dabei die Aromatisierung, sodass teils bereits nach wenigen Tagen ein beeindruckendes Ergebnis festzustellen ist, wie beispielsweise der Braumeister der Berliner Lemke-Brauerei von seinen ersten Versuchen zu berichten weiß.

Nachhaltigkeit und Kosten

Aus einem 50 Jahre alten Eichenbaum lassen sich in der Regel fünf Standard-Fässer mit 225 Litern Fassungsvermögen herstellen. Dasselbe Holz reicht aber für ca. 1.500 Infusion Spirals der Normalgröße, von denen jede für die Aromatisierung von etwa 1.000 Litern Bier geeignet ist und sich in der Regel mindestens einmal wiederverwenden lässt. Wenn man also von einer dreimaligen Nutzung der Holzfässer ausgeht, stehen 3.375 Litern aromatisierten Fassbieres etwa 3.000.000 Liter Bier mit den zweimal genutzten Infusion Spirals gegenüber. Man spart also pro genutztem Baum fast 1.000 Bäume ein – das ist ein kleiner Wald. Das schlägt sich auch in den Kosten nieder. Während neue Holzfässer mit vielen Hundert Euro zu Buche schlagen, ist eine Infusion Spiral für unter zehn Euro zu haben. Das hilft nicht nur der Umwelt vor Ort, sondern spart auch Transportkosten und ermöglicht der Brauerei eine für die Kunden attraktivere Preisgestaltung.

Einsatz für „normales“ Bier

In Deutschland gibt es nur sehr wenige Biere von großen Brauereien, bei denen Holz im Prozess Verwendung findet. Beispiele sind Carlsbergs Duckstein oder Tuchers Nürnberger Rotbier. International ist es hingegen völlig üblich, mit Holz beispielsweise den Körper des Bieres zu unterstützen. Das wohl bekannteste Beispiel ist das us-amerikanische Budweiser, das kurze Zeit auf Buchenholzchips gelagert wird. Hierbei geht es allerdings weniger um eine Aromatisierung – das Holz wird zuvor ausgekocht, sondern darum, dass es der Hefe mehr Oberfläche gibt und somit für eine schnellere Reduktion von Acetaldehyd und Diacetyl sorgt.

In Südamerika nutzen mittlerweile mehrere Brauereien die Infusion Spiral, um den Charakter ihrer Biere zu unterstützen. Die argentinische Brauerei Andes Origen beispielsweise gibt ihrem untergärigen Schwarzbier Infusion Spirals aus Sugar Maple (Zucker-Ahorn) zu. Dieses Holz gibt weder Farbe noch Tannine ins Bier, verstärkt aber den Körper und die Textur, was dem Konsumenten eine größere Vollmundigkeit und ein intensiveres Geschmackserlebnis bietet. In Europa hingegen sind vor allem die exotischen Hölzer beliebt, die OIS & Associates in einem nachhaltigen, zertifizierten Prozess erwirbt. Am bekanntesten ist hierbei wohl das bereits erwähnte brasilianische Amburana-Holz mit seinen Aromen von Kokos, Tonka-Bohne, Schokolade, Vanille, Zimt und Gewürznelke.

Dieses Holz nutze vor Kurzem die Brauerei Brick Lane aus Melbourne, Australien, für ihr „Asylum“. Das mächtige Imperial Stout reifte auf einer Mischung aus Amburana und Sugar Maple Spiralen, die ihm zusätzlich Aromen von Ingwer, Pfeffer, Thymian und Ysop verliehen. Die Bavaria Brewery, die mittlerweile zu AB Inbev gehört, brachte ebenfalls ein Imperial Stout auf den Markt, für das sie Infusion Spirals verwendete, in diesem Fall allerdings aus amerikanischer Weißeiche.

Besondere Chance für alkoholfreies Bier

Dank der Infusion Spiral Technologie ergibt sich ein Sonderfall für das gerade in Deutschland stark wachsende Segment der alkoholfreien und alkoholarmen Biere. Der Marktanteil steuert auf über 10% zu, allerdings bleibt es eine Herausforderung für die Brauereien, geschmacklich wirklich attraktive Biere zu entwickeln. Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, insbesondere durch neue Verfahren und das Mischen verschieden hergestellter alkoholfreier Ausgangsbiere zu einem verkaufsfertigen Blend. 

Das Hauptproblem bleibt immer der mangelnde Körper und die geringe aromatische Tiefe der Biere. Hier kann der Einsatz, beispielsweise einer Sugar Maple – Spirale, helfen, ein kompakteres und volleres Geschmackserlebnis sowie einen festeren Schaum zu generieren. Nimmt man stattdessen – oder zusätzlich – ein leicht getoastetes Eichenholz, kann man dem Bier leicht beim Entalkoholisieren möglicherweise verlorene klassische Bier-Aromen zurückgeben, beispielsweise Röstaromen, Karamell

und Gewürznelke.

Für alle Brauereien mit Alkoholextraktion bietet sich eine weitere Möglichkeit für den Einsatz der Infusion Spirals: Aus dem gewonnenen Bieralkohol lässt sich mit der Infusion Spiral ein aromatischer Bierbrand mit intensiven Holzaromen gewinnen.

Am Anfang der Entwicklung

Insgesamt ist OIS & Associates beim Thema Bier noch am Anfang der Entwicklung und Erforschung des Potentials der Infusion Spiral. Unterstützt wird der heute 73jährige Carlos Yañez von einem etwa zehnköpfigen Team, zu dem neben langjährigen Weggefährten aus aller Welt auch sein Sohn Felipe und Braumeister Fernando Zambrano gehören. Nach vielen Jahrzehnten in der Forschung und Entwicklung bei SABMiller wechselte Zambrano nach seiner Pensionierung 2019 ins Team von OIS & Associates und berät Brauereien beim Einsatz der Infusion Spirals in ihren jeweiligen Prozessen. Ihn zeichnet außerdem ein großes Verständnis für innovative Prozesse aus, so dass er in verschiedensten Brauerei-Umfeldern unterstützend tätig sein kann.

Bei Interesse können sich Brauereien gerne an OIS & Associates wenden, um mit einem Testset die Infusion Spiral ausprobieren zu können. Hierfür können sie entweder das Kontaktformular auf der Website www.oispiral.de oder senden Sie eine eMail an info@oispiral.de.

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